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Pflanzenwissenschaften (IBG-2)
Das IBG-2 entwickelt auf Basis molekularer, physiologischer und ökologischer Expertisen integrierte Konzepte zur Intensivierung und Nachhaltigkeit der Pflanzenproduktion für die Bioökonomie.
26. Oktober 2023
Pflanzen, die der Weltbevölkerung Nahrungsmittel und Ressourcen liefern, sind zunehmend gestresst: Bedingt durch den Klimawandel nehmen Wärme- und Trockenperioden zu. Außerdem machen den Pflanzen Ozon und andere Luftschadstoffe zu schaffen. Mit welchen Strategien es gelingen kann, die landwirtschaftliche Produktion unter diesen Bedingungen aufrechtzuerhalten oder gar zu steigern, erläutern Forschende aus Deutschland, China und Zypern in einem Übersichtsartikel in der Fachzeitschrift „Nature Food“. Zum Autorenteam gehören zwei Jülicher Wissenschaftler, die sich vor allem mit der Reaktion von Pflanzen auf den steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre und mit der quantitativen Analyse des Erscheinungsbildes von Pflanzen – der Phänotypisierung – beschäftigen.
„Das Klima verändert sich so schnell, dass herkömmliche Methoden der Zucht nicht ausreichen, um stets optimal angepasste Nutzpflanzen zu erhalten“, sagt der Jülicher Bioökonom Oliver Knopf. Damit die landwirtschaftlichen Erträge trotzdem bei möglichst geringem Ressourcen-Einsatz hoch bleiben, verfolgen Forschende weltweit zahlreiche Ansätze. Das deutsch-chinesische Autorenteam führt in seinem Review-Artikel aus, dass bei einem Teil dieser Forschung die einzelne Pflanze im Mittelpunkt steht – etwa bei der Phänotypisierung und der molekularen Züchtung. Andere Wissenschaftler:innen befassen sich mit dem Feld als System. Da geht es um den Anbau von Mischkulturen, eine angepasste Düngung und Bewässerung, die robotergestützte Landwirtschaft sowie der Einsatz von Biostimulanzien, Anti-Ozon-Mitteln und Substanzen, die den Abbauprozess organischer Materialien im Boden beeinflussen. Hinzu kommt noch die Möglichkeit, auf das Ökosystem einzuwirken, um beispielsweise die Widerstandsfähigkeit des Bodens oder das Mikroklima von landwirtschaftlichen Flächen zu verbessern.
„Um die Herausforderungen zu bewältigen, die auf die Landwirtschaft durch den Klimawandel und die Luftverschmutzung zukommen, benötigt man ein besseres Verständnis auf allen Ebenen – von der Pflanze bis zum Ökosystem“, sagt Knopf. Er und sein Mitautor Dr. Onno Muller vom Jülicher Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-2) sind als Teilnehmer eines deutsch-chinesischen Austauschprogramms überzeugt, dass es nur mit Hilfe inter- und transdisziplinärer Forschung gelingen kann, die komplexen Zusammenhänge zwischen erhöhtem atmosphärischem CO2-Gehalt, Hitzestress, Luftverschmutzung und Pflanzenwachstum zu beeinflussen.
Gemeinsamer Forschungsschwerpunkt von Knopf und Muller ist es, den oberirdischen Teil von Pflanzen zu quantifizieren und den Einfluss von erhöhter CO2-Konzentration zu untersuchen. Ihre Versuche dazu führen die Wissenschaftler nicht im Gewächshaus, sondern realitätsnah im Feld durch. Dazu betreiben sie die Versuchsanlage BreedFACE auf dem Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn.
Ein Ergebnis dieser Feldversuche: Der Ertrag verschiedener Sojabohnen-Sorten stieg im Mittel um fast 50 Prozent, wenn die CO2-Konzentration in der Luft um 200 parts per million (ppm) erhöht wurde. Zugleich aber sank die Qualität der Ernte: Der Anteil enthaltener Spurenelemente in den Bohnen wie Calcium, Eisen, Magnesium und Zink sank um 10 bis 28 Prozent und der von Proteinen um 5 Prozent. „Manche Sojabohnen-Sorten waren bei einem CO2-Gehalt, wie er in der Atmosphäre 2050 erwartet wird, ertragreicher als andere und verloren weniger an Qualität. Wir haben somit wertvolle Hinweise für die Pflanzenzucht erhalten“, so Onno Muller.
Die Jülicher Forschenden können bei den BreedFACE-Versuchen zudem berührungsfrei die Photosynthese-Aktivität der Blätter messen. Dabei nutzen sie aus, dass das Chlorophyll in den Blättern die Energie des Sonnenlichts nicht vollständig in chemische Energie umwandelt, sondern auch Energie in Form eines messbaren Fluoreszenzsignals abgibt. Eine Art überdimensionaler Scanner, der in Jülich entwickelt wurde, misst dieses Signal überall im Feld. Jülicher Forschende waren auch an der Entwicklung des Fluoreszenz-Messgerätes beteiligt, das an Bord des europäischen Satelliten Fluoreszenz-Explorer voraussichtlich ab 2026 Informationen über den Zustand der weltweiten Vegetation liefern wird.
Agathokleous, E., Frei, M., Knopf, O.M. et al.
Adapting crop production to climate change and air pollution at different scales.
Nat Food 4, 854–865 (2023). https://doi.org/10.1038/s43016-023-00858-y
Institut für Geo- und Biowissenschaften (IBG) Pflanzenwissenschaften (IGB-2)
Leiterin Externe Kommunikation / Stellvertretende Pressesprecherin