Lichtempfindliche Materialien ahmen Synapsen im Gehirn nach

31. Juli 2025

Ein interdisziplinäres Forschungsteam um Prof. Dr. Francesca Santoro und Dr. Valeria Criscuolo vom Institut für Biologische Informationsprozesse – Bioelektronik am Forschungszentrum Jülich hat in Zusammenarbeit mit Kollegen von der RWTH Aachen – Professor Daniele Leonori und Juniorprofessor Giovanni Maria Piccini (inzwischen Universität von Modena und Reggio Emilia) – eine neue Klasse von sogenannten organischen photoelektrochemischen Transistoren (OPECTs) entwickelt. Das sind winzige Bauteile, die Licht in elektrische Signale umwandeln und so das Verhalten von Synapsen im Gehirn nachahmen können. Die Forschungsergebnisse sind nun in der Fachzeitschrift Advanced Science veröffentlicht worden.

Lichtempfindliche Materialien ahmen Synapsen im Gehirn nach
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Das Gehirn funktioniert durch die Weiterleitung von Signalen zwischen den Nervenzellen und passt sich mit der Zeit an, um zu lernen und sich zu erinnern. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versuchen, diese Art von Verhalten in elektronischen Geräten nachzubilden, ein Bereich, der als neuromorphe Elektronik bekannt ist. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Entwicklung von Materialien, die auf ähnliche Weise „lernen“ können wie das Gehirn.

Die Jülicher und Aachener Forscher:innen sind in diesem Vorhaben einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Das Besondere an der neuen Technologie ist, dass sich ihre Eigenschaften gezielt chemisch einstellen lassen. So können die Materialien je nach Bedarf besonders empfindlich auf Licht reagieren oder Signale besonders stabil übertragen. Damit eröffnet die Plattform viele Anwendungsmöglichkeiten: Sie könnte als Schnittstelle zwischen Technik und Nervenzellen dienen, etwa in Sehprothesen oder anderen medizinischen Hilfsmitteln. Auch hochpräzise optische Sensoren oder neuartige Gehirn-Maschine-Schnittstellen sind denkbar. Ein weiterer Vorteil: Die Bauteile arbeiten stromsparend und lassen sich flexibel an unterschiedliche Anforderungen anpassen.

Damit die Materialien später mit echten Nervenzellen zusammenarbeiten können, müssen diese biokompatibel – also für den Körper verträglich – sein und bei Körpertemperatur funktionieren. Dafür nutzen die Forschenden einen speziellen, speziellen Kunststoff namens PEDOT:PSS, der mit lichtempfindlichen Molekülen versehen ist. Das Material leitet Strom, ist weich sowie flexibel und eignet sich daher gut als Schnittstelle zwischen Elektronik und lebendem Gewebe.

Langfristig könnte diese Forschung den Weg für neue Ansätze zur Behandlung von Netzhauterkrankungen – etwa altersbedingten Sehstörungen – ebnen. Bevor die Technologie in der Medizin in Frage kommt, müssen die Forschenden sorgfältig prüfen, ob sie mit lebendem Gewebe kompatibel ist. Dazu führen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler so genannte In-vitro-Analysen durch, das sind Labortests außerhalb des Körpers, und untersuchen unter anderem das Nervengewebe.

Über die Forschungsgruppe

Professor Francesca Santoro leitet seit Januar 2022 den Lehrstuhl für Neuroelektronische Grenzflächen, der gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich, Institut für Biologische Informationsverarbeitung – Bioelektronik (IBI-3) eingerichtet wurde.

Originalpublikation: Designing Light-Sensitive Organic Semiconductors with Azobenzenes for Photoelectrochemical Transistors as Neuromorphic Platforms, by Isabela Berndt Paro, Martina Gini, Francesca D’ Elia, Arianna Massaro, Federica Corrado, Daniela Rana, Ana Varela, Giulia Elli, Matthias Baumann, GiovanniMaria Piccini, Luisa Petti, Daniele Leonori, Ana Belen Muñoz-García, Michele Pavone, Andreas Offenhäusser, Valeria Criscuolo, Francesca Santoro, Advanced Science, first published 29 July 2025
DOI: 10.1002/advs.202509125

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    Letzte Änderung: 31.07.2025