Kühlende Partikel

Historischer Anstieg von Wüstenstaub in der Atmosphäre verschleiert die erwärmende Wirkung von Treibhausgasen

25. Januar 2023

Ein Team von Forscher:innen aus den USA, Norwegen und Deutschland konnte erstmals nachweisen, dass die Zunahme von atmosphärischem Wüstenstaub seit Mitte des 19. Jahrhunderts insgesamt einen kühlenden Effekt auf die Erde hat. Die Wissenschaftler:innen von der University of California (UCLA, Merced, San Diego), der Cornell University (Ithaca, New York), dem National Center for Atmospheric Research in Boulder (Colorado), der Universität Oslo und dem Forschungszentrum Jülich gehen davon aus, dass der Staub bis zu 8 Prozent der Erwärmung durch Treibhausgase wie Kohlendioxid überdeckt. Würde die Zunahme des Staubs gestoppt, könnte das bisher verborgene zusätzliche Erwärmungspotenzial der Treibhausgase zu einer etwas schnelleren Klimaerwärmung führen. Die Ergebnisse der Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Reviews Earth and Environment erschienen ist, tragen dazu bei, Klimamodelle weiter zu verbessern.

Die Forscher:innen, darunter Dr. Vlassis Karydis vom Jülicher Institut für Troposphäre, nutzten Satelliten- und Bodenmessungen, um die aktuelle Menge an mikroskopisch kleinen Mineralpartikeln in der Luft zu quantifizieren. Sie stellten fest, dass es weltweit 26 Millionen Tonnen solcher Partikel gibt. Als Nächstes untersuchten sie die geologischen Aufzeichnungen und sammelten Daten aus Eisbohrkernen, Meeressedimentaufzeichnungen und Proben aus Torfmooren, die alle die vom Himmel gefallenen Staubschichten aus der Atmosphäre zeigen. Proben aus der ganzen Welt zeigten trotz Auf- und Abschwüngen insgesamt eine Zunahme der Menge an Wüstenstaub – die Wissenschaftler:innen beziffern den Anstieg mit rund 55 Prozent seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Ursache ist unter anderem eine veränderte Landnutzung, vor allem am Rand der großen Wüstengebiete der Erde.

Kühlende Partikel
Staubfahnen aus der Sahara in der Atmosphäre über den Kanarischen Inseln
Jacques Descloitres, MODIS Land Rapid Response Team, NASA GSFC

Einige Effekte des atmosphärischen Staubs erwärmen den Planeten. Dagegen wirken die Rückstreuung des Sonnenlichts in den Weltraum und die Auflösung hoher Wolken durch den Staub der Erwärmung entgegen. Wenn er auf die Erde zurückfällt, kann Mineralstaub Schnee und Eis verdunkeln, indem er sich auf ihnen absetzt, wodurch sie mehr Wärme absorbieren. Staub kühlt den Planeten auch durch die Ablagerung von Nährstoffen wie Eisen und Phosphor. Wenn diese Nährstoffe beispielsweise im Ozean landen, fördern sie das Wachstum von Phytoplankton, das Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnimmt und damit eine Nettokühlung bewirkt. Insgesamt kommt die Studie zu dem Schluss, dass der Gesamteffekt des Staubs ein kühlender ist.

Da die Abkühlung jedoch eher mäßig ist, unterscheiden sich die Ergebnisse der Studie nicht wesentlich von den aktuellen Klimamodellen. Sie deuten aber darauf hin, dass Treibhausgase allein eine noch stärkere Erwärmung des Klimas verursachen könnten. Das gelte zum Beispiel, sollte der Staubgehalt sinken oder auch nur aufhören zu wachsen, so die Forschenden. Bisher, so ihr Schluss, überdecke der Staub in der Atmosphäre etwa 8 Prozent der Erderwärmung durch Treibhausgase.

Die neuen Erkenntnisse tragen dazu bei, die Genauigkeit der Klimamodelle und damit der Vorhersagen zu erhöhen. Dies ist von enormer Bedeutung, da präzisere Vorhersagen zu besseren Entscheidungen über die Abschwächung des Klimawandels oder die Anpassung an ihn führen können.

Originalpublikation:
Kok, J.F., Storelvmo, T., Karydis, V.A. et al. Mineral dust aerosol impacts on global climate and climate change. Nat Rev Earth Environ (2023). https://doi.org/10.1038/s43017-022-00379-5

Ansprechpartner

Dr. Vlassis Karydis

Senior Scientist Head of group "Atmospheric Aerosol Modelling"

  • Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK)
  • Troposphäre (IEK-8)
Gebäude 05.2 /
Raum 3028
+49 2461/61-3846
E-Mail

Erhard Zeiss

Wissenschaftlicher Kommunikationsreferent

  • Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM)
  • Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)
Gebäude 15.9 /
Raum 3033
+49 2461/61-1841
E-Mail

Letzte Änderung: 01.03.2023