Nichts als heiße Luft?

Co-Creation – Projekt DERIEL

Schon 1766 identifizierte Henry Cavendish Wasserstoff als eigenständiges Element. Er nannte es „Entzündbare Luft“ – ein Hinweis auf die hohe Energiedichte. Antoine Lavoisier gab ihm später den Namen Hydrogène – „Wasser erzeugend“. Eine treffende Wahl, denn bei seiner Verbrennung bleibt nichts als reines Wasser.

Mai 2025

Vor der DERIEL-Testanlage: Arne Schlegel, Dr. Eva Jodat und Dr. André Karl (von links) im gewaltigen Elektrolyse-Teststand am IET-1


Baustein der Energiewende

Mehr als 250 Jahre später rückt das leichteste und häufigste Element im Universum als Baustein der Energiewende erneut in den Fokus – vorausgesetzt, es wird sauber erzeugt. Wasserstoff als Gas lässt sich in seiner Reinform auf verschiedene Arten gewinnen. Die klimafreundlichste ist grüner Wasserstoff: er entsteht, wenn Strom aus erneuerbaren Energien genutzt wird, um Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten – ganz ohne fossile Brennstoffe. Die dafür notwendigen Anlagen heißen Elektrolyseure.

„Wenn wir es schaffen, mit diesen Anlagen Wasserstoff in großem Maßstab zu produzieren und sie in unseren Alltag zu integrieren, können wir die Industrieproduktion revolutionieren, den Verkehr von fossilen Brennstoffen unabhängig machen und unseren Haushalten eine saubere Energiequelle bieten“, sagt Prof. Rüdiger-A. Eichel, Direktor am Institute of Energy Technologies (IET-1). Daher bergen solche Wasserstofftechnologien enormes wirtschaftliches Potenzial.

Viele Länder forschen an effizienten, zuverlässigen Elektrolyseuren, in Deutschland zum Beispiel im Projekt DERIEL. Unter der Koordination von Siemens Energy arbeiten mehrere Unternehmen mit wissenschaftlichen Partnern wie der Max-Planck-Gesellschaft, der RWTH Aachen University und dem Forschungszentrum Jülich zusammen. Rüdiger-A. Eichel ist einer der führenden Köpfe des Projekts. Das Vorhaben ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Wasserstoff-Leitprojekts H2Giga, das die industrielle Produktion von Elektrolyseuren und damit die Versorgung mit grünem Wasserstoff in Deutschland vorantreiben soll.

Wasserstoff-Leitprojekte: H2Giga: Serienfertigung

»Wenn wir es schaffen, mit diesen Anlagen Wasserstoff in großem Maßstab zu produzieren und sie in unseren Alltag zu integrieren, können wir die Industrieproduktion revolutionieren.«

Prof. Rüdiger-A. Eichel
Direktor am Institute of Energy Technologies (IET-1)

Kosten und Lebensdauer

DERIEL geht noch einen Schritt weiter: statt nur auf Effizienz und Zuverlässigkeit zu setzen, will das Projekt zusätzlich die Kosten senken und die Lebensdauer der Elektrolyseure steigern – Voraussetzung für den wirtschaftlichen Einsatz und eine grüne Zukunft.

Kernelement hierfür ist eine Testanlage am IET-1 in Jülich. Auf rund 50 Quadratmetern bietet sie Platz für Elektrolyseure in realem industriellen Maßstab, ausgestattet mit modernster Sensorik. „Unsere Testanlage ist in ihrer Größe einzigartig“, erklärt Dr. Eva Jodat, die das Projekt mit Dr. André Karl verantwortet. Mit der Anlage lassen sich sogenannte PEM-Elektrolyseure erforschen, die aufgrund höherer Kapazitäten einem stärkeren Verschleiß ausgesetzt sind.

PEM-Elektrolyse: Ein Hoffnungsträger der Energiewende

Allerdings sind Elektrolyseure dieses Typs besonders gut für den Betrieb mit den erneuerbaren Energien geeignet, deren Leistung wetterbedingt schwanken kann. Sie verwenden eine Polymermembran, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Diese Membran wird auch als Proton Exchange Membrane, kurz PEM, bezeichnet. „Per Hightech-Mikroskopie suchen wir in Materialproben nach besonderen Belastungen – und dann nach jeweils besser geeigneten Materialien“, sagt Karl.

Das Herzstück der Anlage

Wo Strom Wasser teilt - und Wasserstoff entsteht.

Eine Gemeinschaftsaufgabe

Die Testanlage ist nicht einfach ein Ort der Forschung, sondern ein lebendiges Beispiel für Co-Creation. Hier spielt das Projekt seine besondere Stärke aus: durch den intensiven Wissensaustausch zwischen Forschung und Industrie wird die Technologie optimiert und langfristig zu einer stabilen Grundlage für die Wasserstoffwirtschaft gemacht.

„Nur wenn wir alle an einem Strang ziehen, können wir die nötigen Schritte in eine nachhaltige und unabhängige Zukunft gehen“, sagt Eichel. Mit der neuen DERIEL-Testanlage treiben die Projektpartner die Technik voran und stellen sicher, dass neue Erkenntnisse direkt in die industrielle Anwendung einfließen.

»Unsere Testanlage ist in ihrer Größe einzigartig.«

Dr. Eva Jodat
Koordiniert gemeinsam mit Dr. André Karl das Projekt DERIEL

Der Schlüssel zur Klimafreundlichkeit

DERIEL ist ein Vorzeigeprojekt der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie – mit Lösungen, die nicht nur auf dem Papier funktionieren sollen. Denn der Weg zur Energiewende ist ein technologischer und gemeinschaftlicher Prozess – von Forschung über Industrie bis zur Politik.

Wenn es gelingt, Wasserstoff großflächig zu produzieren und in den Alltag zu integrieren, ist die Grundlage für eine unabhängige Energieversorgung kommender Generationen gesichert. Ein Riesenschritt für die Energiewende – mit nichts als Wasser und heißer, pardon: entzündbarer Luft.

Zwei Wegbereiter für grünen Wasserstoff kommen aus Jülich

Bildnachweis: Bernd Nörig / Forschungszentrum Jülich

Graffiti: Wissenschaftler und Geschäftsmann

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Letzte Änderung: 18.07.2025