Künstliche Intelligenz in der Hirnforschung

Prof. Timo Dickscheid, Leiter der Arbeitsgruppe „Big Data Analytics", kennt die Chancen und Herausforderungen von KI.

Künstliche Intelligenz in der Hirnforschung
Prof. Timo Dickscheid, Leiter der Arbeitsgruppe „Big Data Analytics" am Institut für Neurowissenshcaften und Medizin (INM-1). Copyright: Forschungszentrum Jülich / Mareen Fischinger

In der Hirnforschung gibt es für künstliche Intelligenz viele Anwendungsgebiete. Sie kann die Arbeit der Forschenden verbessern, ermöglicht aber auch neue Dinge, etwa bei Hirnbild-Analysen: Gerade entwickeln wir am INM-1 ein KI-Verfahren, um direkt aus ­Nervenfaserbildern herzuleiten, wo im Hirn Zellkörper sitzen. Das war uns bislang nicht möglich.

Bereits jetzt hilft uns KI, unzählige einzelne Hirnschnittbilder am Rechner viel genauer und zuverlässiger wieder dreidimen­sional zusammenzusetzen, und dabei auch fehlende oder beschädigte Hirnschnitte digital ‚aufzufüllen‘. Manches kann KI zwar nicht besser, aber einfach viel schneller!

Ein Beispiel: Um ein Hirnareal umfassend zu kartieren, ist ein Neuroanatom meist mehrere Monate beschäftigt. Wir konnten für einige Hirnareale zeigen, dass KI gute Kartierungsarbeit in Minuten leisten kann! Damit möchten wir den Neuroanatom nicht ersetzen, können aber Hirnatlanten deutlich schneller erstellen. Zusammen mit kanadischen Partnern im Projekt HIBALL nutzen wir außerdem Erkenntnisse von ‚echten‘ Netzwerken im Gehirn für künstliche neuronale Netzwerke unserer KI – und umgekehrt.

Zugegeben: KI bringt auch gewaltige Herausforderungen mit sich! Am INM entstehen etwa täglich mehrere Terabyte an Forschungsdaten. Mit diesem Tempo bei unseren KI-Analysen mitzuhalten, ist bislang noch schwierig. Da wir laufend unsere Methoden verbessern, müssen wir teils auch frühere Daten erneut analysieren. Der Workflow vom Mikroskop zum Online-Atlas ist noch nicht vollständig automatisiert, aber wir arbeiten dran! Auch müssen wir sicherstellen, dass KI-Ergebnisse überhaupt stimmen. Vieles können wir überprüfen, indem Forschende dieselben Schritte in Stichproben zum Vergleich händisch durchführen. Für anderes planen wir separate KI-Programme, die ‚Überraschungen‘ im Datenstrom aufspüren und dann Alarm schlagen.

Gleichzeitig erforschen wir, wie sich KI-Modelle mit möglichst vielen Bildern optimal trainieren lassen, auch wenn diese nicht zuvor von Menschen für das Training aufbereitet wurden. Unser am INM über Jahrzehnte angehäufter Datenschatz ist hier Gold wert! Wir möchten auch herausfinden, ob und wie uns im Internet verfügbare Gehirnbilder, die qualitativ aber vielleicht schlechter sind, als zusätzliches ‚Trainingsfutter‘ weiterhelfen. Das geht nicht mit Papier und Bleistift, wir müssen es mit riesigen ­Datenmengen ausprobieren. Hierbei wird uns der neue EXASCALE-Rechner JUPITER sehr helfen!

Ursprünglich erschienen im Mitarbeitenden-Magazin „intern“ des Forschungszentrums Jülich.
Redaktion: Hanno Schiffer

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    Letzte Änderung: 19.07.2024